Linz - Graz - Bratislava - Wien (August 2009)
Im August 2009 war ich 4 Tage auf einer Bahntour nach und durch Österreich. Am ersten Tag ging’s vom Bodensee nach Linz, am zweiten Tag weiter nach Graz, am dritten Tag zum Semmering und nach Bratislava und am vierten Tag von Wien aus mit meiner ersten Fahrt im Railjet wieder nach Hause.
Tag 1 Konstanz-Linz
Für die Hinfahrt habe ich mir die "Nordroute" über Nürnberg ausgesucht. Als ob 5:30 Uhr nicht schon früh genug wäre, fährt die Schwarzwaldbahn seit dem letzten
Fahrplanwechsel 3 Minuten früher ab, um diese
Zeit dann in Radolfzell abzustehen und den IRE Friedrichshafen-Basel vorzulassen. Für Reisende von Konstanz Richtung Stuttgart bedeutet dies einen zusätzlichen Umstieg, und so heißt es schon
nach kurzer
Fahrt die Doppelstockwagen der Schwarzwaldbahn in Radolfzell zu verlassen und für ein paar Minuten in einen 611er Triebwaren umzusteigen. Ab Singen geht es dann im Doppelstockwagen des RE
Richtung
Landeshauptstadt. Es ist noch leicht neblig, als wir bei Tuttlingen das erste Mal die Donau überqueren - im weiteren Reiseverlauf werde ich diesem Fluss noch einige Male begegnen. Weiter führt die
Fahrt durchs
Neckartal und über die Gäuebene nach Stuttgart. Die Fahrt ist eigentlich ganz angenehm - wenn nur die Klimaanlage morgens um 6 nicht schon auf vollen Touren laufen würde und es nicht so
unangenehm kalt
wäre.
Nach einem Fußmarsch durch den Stuttgarter Hauptbahnhof von Gleis 4 nach Gleis 16 geht es kurz darauf weiter mit dem IC nach Nürnberg. Ich hatte zwar irgendwann mal gelesen, dass es auf der
Strecke
Bauarbeiten und Umleiter gibt, hatte aber nicht mehr daran gedacht und freue mich deshalb, als ich auf der Anzeige die Halte in Backnang und Schwäbisch Hall-Hessental lese, denn die Strecke kenne ich
noch
nicht! Es gibt APS und so kann ich bei einer Tasse Kaffee eine noch unbekannte Strecke entdecken.
Wir sind pünktlich in Nürnberg und auch der ICE Richtung Wien kommt bald. Die Reservierung für den ICE hätte ich mir sparen können, denn im Großraumbereich im Wagen 28
herrscht gähnende Leere und so
verzichte ich gerne auf den reservierten Rückwärts-Platz und wähle den Tisch.
Bei der Fahrkartenkontrolle werde ich das erste Mal mit Namen angesprochen. Ich bin kurz irritiert - bin ich jetzt schon so prominent? Dann fällt mir ein, klar, auf dem Onlineticket ist ja der Name aufgedruckt.
Es gibt
Am-Platz-Service (APS), Zeitungen und als 1.Klasse-Service leckere Weiße Schokolade mit Orange-Sanddorn. Noch dazu ist es ein ICE der ersten Baureihe, so dass ich auch Radio hören kann.
In Linz schauen wir noch kurz in der Lounge vorbei, anschließend geht’s auf Stadterkundung durch die europäische Kulturhauptstadt 2009. Unter anderem geht’s mit der Pöstlingbergbahn, die
angeblich steilste
Adhäsionsbahn der Welt (was bei Wikipedia bestritten wird), auf den Pöstlingberg.
Die Pöstlingbergbahn auf dem Linzer Hauptplatz
Blick vom Pöstlingberg auf Linz
Tag 2 Linz-Graz
Für die Hinfahrt hatte ich ein Europa-Spezial gebucht. Ich war positiv überrascht, dass ich ein Europa-Spezial Konstanz-Graz mit dem Umweg und Aufenthalt in Linz buchen konnte und das sogar als
Online-Ticket erhältlich war.
Geplant hatte ich die Fahrt über die Pyhrnbahn von Linz nach Selzthal. Was ich bei der Planung nicht gewusst hatte, war, dass gerade ab meinem Reisetag Bauarbeiten mit Schienen-Ersatz-Verkehr (SEV)
beginnen sollten. Das hatte ich erst entdeckt, als ich kurz vor Reisebeginn nochmals auf die Internetseite der ÖBB geschaut hatte. Normalerweise versuche ich, SEV zu vermeiden, aber was sollte ich
machen, es war alles gebucht und wirkliche Alternativen gab es auch nicht. Lt. Baustelleninfos sollte der SEV Verspätungen bis zu 20 Minuten verursachen und Anschlüsse würden nicht
gewährleistet werden können - na, toll.
Das erste Stück der Fahrt von Linz bis Nettendorf verlief noch planmäßig mit einem E-Talent dort hieß es umsteigen auf den Bus.
ÖBB E-Talent in Linz
Der SEV war gut organisiert, es gab viel Personal am Bahnhof, das die Fahrgäste auf 2 bereitstehende Busse verteilt hat und auch der Zugbegleiter fuhr im Bus mit. In Kirchdorf stand eine CityShuttle-Garnitur
bereit und sobald alle Fahrgäste vom Bus im Zug waren, ging’s weiter. Und so konnten wir den landschaftlich reizvollsten Abschnitt doch noch im Zug befahren.
Mit etwa 20 Minuten Verspätung kamen wir in Selzthal an - und der IC von Innsbruck nach Graz hat doch tatsächlich 10 Minuten auf unseren verspäteten Regionalzug gewartet (so etwas bin ich
aus Deutschland
ja gar nicht mehr gewohnt).
Die Reisenden werden wegen der Verspätung gebeten, möglichst rasch umzusteigen, und so steige ich erst mal am falschen Ende des IC ein. Beim Durch-den-Zug-Laufen gibt es dann ein
Wiedersehen mit
alten Bekannten: der IC besteht zum größten Teil aus DB-Interregio-Wagen, dazwischen auch Wagen der CNL. In der ersten Klasse finde ich dann einen modernisierten ÖBB-Wagen mit den
schicken Ledersitzen
und dem dunklen Holz.
Abteil im ÖBB-IC
Unsere Verspätung ist kein Problem, denn alle anderen Anschlusszüge warten ebenfalls. Einige Minuten nach Plan kommen wir in Graz an. Ich war zwar erst letztes Jahr in Graz, aber die Stadt
gefällt mir so gut,
dass es nun ein zweites Mal auf Sightseeingtour geht.
Deckengemälde im Hauptbahnhof Graz
Uhrturm auf dem Schlossberg in Graz
Tag 3 Graz - Semmering - Wien - Bratislava
Für diesen Tag habe ich ein volles Programm vorgesehen. Zunächst geht’s Richtung Semmering, vorher will ich aber kurz in der Lounge vorbeischauen, was gar nicht so einfach ist, denn die
Lounge ist gut
versteckt und wir laufen erst einmal im Kreis, bevor ich einen Wegweiser zur Lounge finde.
ÖBB Lounge in Graz
In der Lounge in Graz sind gerade keine weiteren Gäste, so kann ich zwei Bilder machen. Dem Empfang ist übrigens durch eine Glastür abgetrennt.
Die 214 Kilometer lange Fahrt von Graz nach Wien ist die teuerste der ganzen Tour, ich habe dafür ein Onlineticket der ÖBB gebucht. Wenn man die Online-Buchung der DB gewohnt ist, ist die
Buchung auf der
ÖBB-Internetseite etwas gewöhnungsbedürftig. Die Buchung erfolgt nicht fahrplanbasiert, und so spukt mir das System neben der Fahrkarte Graz-Wien auch nur eine Reservierung Graz-Wien aus,
obwohl ich im
Fahrplan eine zweistündige Unterbrechung in Mürzzuschlag ausgewählt habe. Die Fahrkarte wird nach der Buchung als einfache html-Seite zum Ausdrucken angezeigt (kein PDF). Die
Identifikation erfolgt nur über
den Namen, man braucht also keine Karte zur Legitimation im Zug, sondern nur den Ausweis (wollte bei mir aber kein Zugbegleiter sehen) und die Barcodes sehen auch anders aus als bei der DB. Wenn Hin- und
Rückfahrt zusammen gebucht werden, gibt es auch zwei Barcodes auf der Fahrkarte. Etwas heftig finde ich die Bedingung "Kein Umtausch, keine Fahrpreiserstattung" bei einer Normalpreis-Fahrkarte.
Die 1. Klasse-Wagen der ÖBB sind meine Favoriten - auch das Außendesign gefällt mir.
In Mürzzuschlag steigen wir auf einen Regionalzug der Reihe 4020 zum Semmering um.
Der 4020 verlässt den Bahnhof Semmering - später werden wir uns wiedersehen.
Ziel war der Bahnwanderweg am Semmering - da ich aber kein so begeisterter Wanderer bin und auch nicht die passende Wanderausrüstung dabei hatte, habe ich mich für den
kürzestmöglichen Abschnitt
entschieden, nämlich die 1,5 Kilometer lange Wanderung vom Bahnhof Semmering zur Station Wolfsbergkogel und noch ein Stückchen weiter zur Aussichtswarte Doppelreiterkogel. Von dem
Aussichtsturm hat
man einen tollen Blick auf die Semmeringlandschaft sowie auf verschiedene Abschnitte der Semmeringbahn.
Semmering von Aussichtswarte Doppelreiterkogel
Von der Station Wolfsbergkogel geht es dann mit dem gleichen Regionalzug, der in der Zwischenzeit nach Payerbach-Reichenau gefahren war, wieder zurück nach Mürzzuschlag. Beim Warten
muss ich mich
erst versichern, wirklich am richtigen Bahnsteig zu stehen, denn der Linksverkehr ist doch gewöhnungsbedürftig.
Im 4020 wieder zurück nach Mürzzuschlag
Der IC nach Wien führt diesmal einen Großraumwagen - auch diese Wagen finde ich optisch sehr ansprechend, sie haben aber den Nachteil, dass die Fensteraufteilung nicht passt und es gar nicht
so einfach
ist, einen Sitzplatz in Fahrtrichtung zu finden, von dem man einen ordentlichen Ausblick auf die interessante Semmeringlandschaft hat.
ÖBB IC Großraum
Hier wollte ich nicht sitzen...
Innerhalb von 2 Stunden fahren wir jetzt zum dritten Mal auf dieser Strecke - aber so hat’s vom Fahrplan besser gepasst. Jetzt sehe ich auch noch den Aussichtsturm oben im Wald, auf dem wir kurz zuvor
gestanden haben.
Aussichtswarte Doppelreiterkogel
In Wien habe ich das InterCity-Hotel gebucht, da dort im Zimmerpreis eine ÖPNV-Tageskarte für Wien enthalten ist, ich es am nächsten Tag nicht weit habe zum Westbahnhof und es auch
noch
bahn.bonus-Punkte für die Übernachtung gibt.
Zuerst müssen wir aber vom Südbahnhof zum Westbahnhof kommen - hier vermisse ich das City-Ticket, das ich sonst bei der DB zu schätzen weiß.
Wien selbst kenne ich schon, und so geht es gleich weiter nach Bratislava - die Slowakei fehlt mir noch in meiner Sammlung der besuchten Länder. Von Wien aus gibt es einen Halbstundentakt mit
Regionalzügen nach Bratislava, die wechselnd über Kittsee nach Bratislava-Petrzalka (südlich der Donau) und über Marchegg nach Bratislava Hauptbahnhof (nördlich der Donau)
fahren. Mit dem EURegio-Ticket
Slowakei für 14 € (Hin- und Rückfahrt) können beide Verbindungen benutzt werden sowie der Stadtverkehr in Bratislava.
Für die Hinfahrt wähle ich die etwas kürzere Verbindung (58 Minuten) mit einem E-Talent nach Petrzalka, von dort geht’s mit der Buslinie 80 ins Zentrum.
Im E-Talent nach Bratislava-Petrzalka
Blick von der Burg über Bratislava mit dem Martins-Dom
Bei der Rückfahrt möchte ich mir dann noch die andere Strecke anschauen und so geht’s zunächst mit der Straßenbahnlinie 13 zum Hauptbahnhof und von dort mit einem City-Shuttle
zurück nach Wien.
So kann ich auch noch ein bisschen Straßenbahn fahren - die andere Bahnstrecke anschauen zu wollen, hätte ich mir aber sparen können, die Strecke über Marchegg ist genau so
öde und langweilig wie die
Strecke über Kittsee, beide führen durch die Ebene des Wiener Beckens.
Rückfahrt von Bratislava nach Wien im CityShuttle
Zum Tagesabschluss gibt’s dann noch einen Bummel durchs abendliche Wien
Tag 4 Rückfahrt
Am nächsten Tag stand nach einem kurzen Abstecher in die provisorische Lounge im Westbahnhof meine erste Fahrt im Railjet (RJ) auf dem Programm, dafür hatte ich uns eine Reservierung in der
Premium Class gegönnt.
Im RJ um 8:20 Uhr ab Wien waren in der Premium Class von Wien bis Salzburg ganze drei Fahrgäste, ab Salzburg dann nur noch wir zwei.
Die Sitze sind sehr bequem und erinnern an einen Liegestuhl, man kann die Lehne verstellen und getrennt davon auch das Fußteil anheben. Wir hatten ein Dreier-Abteil; durch die versetzte Anordnung der
Sitze hat man dort eine riesige Beinfreiheit.
Premium Class im Railjet
Es gibt einen ausklappbaren Tisch, dazu muss man aber erst die Armlehne hochklappen, dann den Tisch nach oben herausziehen und in die richtige Position drehen - das hat mich an die früheren
Tische im
ICE1 erinnert.
Der Railjet wird als "Hochgeschwindigkeitszug" beworben - na ja, mehr als 200 km/h habe ich nicht gesehen und das auch nur für kürzere Zeit
Der Service war sehr freundlich und es gab auf der 4-stündige Fahrt zur Begrüßung einen Schokoriegel, später süße Teilchen, ein Croissant mit Butter und Marmelade, eine
Creme mit Himbeersoße, Entenbrust
mit Waldorfsalat und zum Abschluss noch eine Praline, dazu ein "Hot Towel", freie Getränke und Zeitungen nach Wahl. Jeweils zwischen zwei Halten wurde etwas serviert.
Frühstück im Railjet
Gut gefallen hat mir auch die Einblendung des Streckenverlaufs auf den Monitoren - wobei ich es eigentlich besser fände, wenn nicht eine Straßenkarte hinterlegt wäre, sondern eine Karte mit
Bahnstrecken.
Und - da spricht der Bahnreiseführer-Autor in mir - für Touristen wäre es vielleicht auch interessant, Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke in der Karte anzuzeigen.
Display im Railjet
Wir waren auf die Minute pünktlich in München und ich werde die Fahrt als schönes Urlaubserlebnis in Erinnerung behalten. Als einmaligen Spaß und auf einer langen Strecke ist die
Premium Class eine feine
Sache, wenn ich häufiger mit dem Railjet unterwegs wäre oder auf kürzeren Strecken, würde ich wahrscheinlich nicht die Premium Class buchen.
Die anschließende Fahrt von München nach Ulm im IC war ok, zwar ein Abstieg gegenüber dem Railjet, aber nachdem ich den Zug in schlechter Erinnerung hatte (das letzte Mal fehlte das
Bistro und die
Mehrzahl der Toiletten waren unbenutzbar), war die Fahrt diesmal in Ordnung. Beim Schmökern im Reiseplan habe ich mich dann geärgert, dass ich bei der Buchung der Rückfahrt
übersehen habe, dass wir mit
dem IC 119 ab Ulm nach Friedrichshafen hätte fahren können und so etwa zur gleichen Zeit zurück gewesen wäre - bei dem schönen Wetter wäre auch der Katamaran ab
Friedrichshafen reizvoll gewesen. Nun
hatte ich aber eine Fahrkarte mit NV ab Ulm und eine Reiseverbindung durchs Donautal nach Immendingen und von dort mit der Schwarzwaldbahn zurück an den Bodensee.
Thematisch passt die Strecke natürlich wunderbar zur Reiseroute: von Bratislava über Wien, Linz und Ulm der Donau flussaufwärts zu folgen fast bis zur Quelle im Schwarzwald - und die Strecke
durchs Donautal ist
auch landschaftlich sehr reizvoll.
In der BR 611 durchs Donautal
Im heißen, engen und schlecht belüfteten BR 611 durch das Donautal zu schaukeln, ist dann aber doch nicht so mein Fall und ich bin froh, nach über 2 Stunden in den angenehm klimatisierten
Dosto der
Schwarzwaldbahn umsteigen zu können.
So, und nach dem langen Bericht habe ich mir jetzt ein Stück der mitgebrachten Linzer Torte verdient...
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