Bei einem herbstlichen Tagesausflug besuchen wir Ammertalbahn, Eyachtalbahn und Ablachtalbahn im Süden Baden-Württembergs. Zwei der Strecken werden nur saisonal von Ausflugszügen befahren, als Besonderheit treffen wir auf einer der Verbindungen auf einen mit Wasserstoff angetriebenen Triebzug.
Reiseroute
Wir fahren von Konstanz am Bodensee über die Gäubahn nach Herrenberg und von dort über die Ammertalbahn nach Tübingen. Weiter führt uns die Tour nach Eyach, wo die Eyachtalbahn ihren Ausgangspunkt hat. Mit einem Zwischenstopp in Haigerloch fahren wir über Hechingen nach Mengen und von dort mit 'Biberbahn' und 'seehäsle' über Stockach zurück an den Bodensee.
Wir starten frühmorgens mit einem durchgehenden Zug der Linie RE 4 von Konstanz bis Herrenberg, auf der Verbindung wird ein Talent 2-Triebzug im baden-württembergischen Landesdesign 'bwegt' eingesetzt.
Innenraum Talent 2-Triebzug
Blick aus dem Zugfenster bei der Fahrt über die Gäuebene
Talent 2-Triebzug nach der Ankunft in Herrenberg
In Herrenberg wechseln wir auf Gleis 102, wo ein Regioshuttle-Dieseltriebzug (Baureihe 650) zur Fahrt nach Bad Urach bereit steht. Wir wollen mit dem Zug auf der Ammertalbahn bis Tübingen fahren. Die Ammertalbahn ist 21 Kilometer lang, sie wurde 1910 von den Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen in Betrieb genommen.
Regioshuttle-Dieseltriebzug im Bahnhof Herrenberg
Innenraum Regioshuttle-Dieseltriebzug
Fahrt auf der Ammertalbahn
Die Strecke folgt dem Tal des Flusses Ammer. 1966 wurde der durchgehende Personenverkehr eingestellt, die Strecke wurde anschließend abschnittsweise abgebaut. Zwischen 1996 und 1999 wurde das fehlende Teilstück wieder aufgebaut und die Strecke reaktiviert. Nach der Reaktivierung stiegen die Fahrgastzahlen stetig an, im Zuge des Projekts Regionalstadtbahn Neckar-Alb wurde die Strecke zwischen 2017 und 2022 elektrifiziert und teilweise zweigleisig ausgebaut.
Herbstnebel im Ammertal
In Tübingen bleibt Zeit für einen Spaziergang durch die am Sonntagmorgen noch menschenleere Altstadt. Der Weg führt uns vorbei an der als Fotomotiv bekannten Neckarfront über den Holzmarkt bis zum reich geschmückte Rathaus aus dem Jahr 1435.
Neckarfront in Tübingen
Holzmarkt mit Georgsbrunnen
Tübinger Rathaus
Das Empfangsgebäude des Tübinger Hauptbahnhofs stammt aus den Jahren 1861/1862, damals ging die Bahnstrecke von Reutlingen nach Rottenburg in Betrieb. Mit einem Regioshuttle-Dieseltriebwagen fahren wir in Richtung Horb. Die Bahnstrecke wird heute unter dem Namen 'Kulturbahn' betrieben, historisch ist sie als Obere Neckarbahn bekannt. Wir fahren mit dem Zug über Rottenburg nach Eyach.
Hauptbahnhof Tübingen
Regioshuttle-Dieseltriebzug im Hauptbahnhof Tübingen
Innenraum Regioshuttle-Dieseltriebzug
Fahrt über den Neckar in Rottenburg
Bahnhof Bieringen
Fahrt entlang des Neckars
Am Bahnhof Eyach steigen wir aus. Aus historischen Gründen gibt es hier zwei Bahnhöfe. Als die damalige Actiengesellschaft Hohenzollern'sche Kleinbahngesellschaft (später Hohenzollerische Landesbahn / HzL) ihre Strecke von Hechingen nach Eyach erbaute, wurde ihr der Anschluss an die Strecke der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen verwehrt, so dass die Hohenzollern einen eigenen Bahnhof neben dem bestehenden Bahnhof errichteten. Der Bahnhof 'Eyach Landesbahn' befindet auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Bahnhof Eyach (Staatsbahnhof, heute DB)
Infotafel zur Geschichte des Bahnhofs Eyach
Der Personenverkehr auf der Eyachtalbahn wurde 1972/1973 eingestellt. Im Jahr 2008 wurde die Strecke mit Ausflugszügen wiederbelebt, mittlerweile verkehrt der 'Freizeitexpress Eyachtäler' an allen Sonn- und Feiertagen der Sommersaison. Normalerweise werden auf der Verbindung Dieseltriebzüge eingesetzt. Von Juli 2021 bis Februar 2022 findet jedoch ein Probebetrieb mit einem Brennstoffzellenzug auf der Strecke statt. Der sogenannte iLint-Triebwagen des Herstellers Alstom soll die Alltagstauglichkeit der neuen Technologie zeigen.
Gleis des Bahnhofs 'Eyach (Landesbahn)'
Wasserstoffzug Coradia iLint in Eyach
Innenraum Coradia iLint
Informationen zum Coradia iLint
Monitoranzeige der RB 67 von Eyach nach Hechingen
Der Zug fährt lokal emmissionsfrei und geräuscharm. Die Eyachtalbahn ist eine eingleisige und nicht elektrifizierten Strecke durch das Tal des Flüsschens Eyach. Der erste Halt ist in Mühringen, das dortige Bahnhofsgebäude ist heute Vereinsheim des örtlichen Fischervereins.
Fahrt durch das Eyachtal
Bahnhofsgebäude Mühringen
Die Bahnstrecke wurde als normalspurige Kleinbahn errichtet und 1912 vollendet. Sie ist eine von vier Stammstrecken der Hohenzollerische Landesbahn (HzL). Hohenzollern war ein zu Preußen gehörender Regierungsbezirk in der Region um Hechingen und Sigmaringen, umgeben von Baden und Württemberg. Die Eyachtalbahn verlief quer durch die Hohenzollernschen Lande und erschloss die Gebiete, die die 'ausländischen' Bahnen mieden. Hohenzollern ging zunächst im Land Württemberg-Hohenzollern und dann im heutigen Baden-Württemberg auf, die HzL fusionierte 2018 zur SWEG Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH.
Blick aus dem Zugfenster des 'Freizeitexpress Eyachtäler'
In Haigerloch legen wir einen Zwischenstopp ein. Wir machen uns zunächst auf den Weg zum Römerturm. Das Bauwerk ist das Relikt einer mittelalterlichen Höhenburg, er ist als Aussichtsturm öffentlich zugänglich. Von dort oben bietet sich ein guter Blick über Haigerloch. Das Städtchen liegt in einem engen Tal der Eyach, die hier zwei Schlaufen bildet.
Römerturm in Haigerloch
Oberstadt von Haigerloch mit der evangelischen Kirche
Die Eyachtalbahn verläuft unter dem Stadtgebiet durch den 146 Meter langen Haigerloch-Tunnel. Der Römerturm befindet sich fast direkt über dem Tunnel. Die Rundumsicht von der Aussichtsplattform bietet somit die Möglichkeit, die Bahnstrecke auf beiden Seiten des Tunnels einzusehen. Der blaue Zug kommt nun bald aus Hechingen zurück und nimmt die Abkürzung durch den Tunnel, während die Eyach in einer Schleife um die Oberstadt fließt.
Blick vom Römerturm auf die Bahnstrecke aus Hechingen
Bahnstrecke nach Eyach, links oberhalb der Bildmitte der Bahnhof Haigerloch, rechts Schloss Haigerloch
Bis der Zug aus Eyach zurückkommt, bleibt Zeit um vom Römerturm hinunter ins Tal und auf der anderen Talseite hinauf zu Schloss Haigerloch zu laufen. Der Renaissancebau geht auf eine mittelalterliche Burganlage zurück. Unweit des Schlosses gibt es einen Aussichtspunkt mit Blick hinüber zum Römerturm.
Innenhof von Schloss Haigerloch
Blick vom Aussichtspunkt Haigerloch Kapf zum Römerturm
Der Bahnhof von Haigerloch liegt in fußläufiger Entfernung am Stadtrand. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1901, im Jahr 1912 wurde es aufgestockt. Heute wird es von einem türkisch-islamischen Verein genutzt. Mit dem iLint-Triebzug fahren wir weiter nach Hechingen, im Ausflugsverkehr gibt es einen 2-Stunden-Takt. Das Gleis folgt noch für einen kurzen Abschnitt der Eyach, bevor es bei Stetten das Flusstal verlässt. Die Strecke gewinnt anschließend an Höhe und führt hinauf zum Scheitelpunkt 'Weißes Kreuz'.
Bahnhof Haigerloch
Einfahrt des iLint-Triebzugs in den Bahnhof Haigerloch
Schloss Haigerloch mit Schlosskirche vor dem Zugfenster
Fahrt durch das Eyachtal
Blick aus dem Zugfenster auf Höhe des Scheitelpunkts
Fahrt durch Rangendingen
Blick vom Zug zum Höhenzug Rammert
Die Eyachtalbahn ist knapp 28 Kilometer lang, die Fahrzeit von Eyach bis Hechingen beträgt 40 Minuten. Auch in Hechingen gibt es einen eigenen Bahnhof der Landesbahn, der einige Meter entfernt vom Staatsbahnhof liegt. Der Bahnhof Landesbahn verfügt über ein eigenes Empfangsgebäude, ursprünglich fuhren vom Bahnhof Landesbahn die Züge nach Eyach und Gammertingen, von der Gammertinger Strecke gibt es mittlerweile jedoch eine Gleisverbindung in den DB-Bahnhof.
iLint nach der Ankunft im Bahnhof Hechingen Landesbahn, rechts hinter der Hecke der DB-Bahnhof
Bahnhof Hechingen Landesbahn
Der Staatsbahnhof (heute DB) liegt an der Strecke von Tübingen nach Sigmaringen. Wir fahren von dort mit einem Dieseltriebzug der Baureihe 612 nach Mengen. Während der Fahrt ist die Burg Hohenzollern vom Zug aus gut zu sehen, der Stammsitz des Hauses Hohenzollern liegt prominent auf einem Zeugenberg. Weiter führt die Strecke durch die Landschaft der Zollernalb. Zwischen Ebingen und Sigmaringen verläuft die Hohenzollernbahn landschaftlich reizvoll und kurvenreich durch das enge Tal der Schmeie, sie quert das Flüsschen mehrfach. In Sigmaringen trifft die Strecke auf die Donau und folgt ihr bis Mengen.
DB-Bahnhof Hechingen
Einfahrt eines Dieseltriebzugs der Baureihe 612 in den Bahnhof Hechingen
Erste Klasse im Dieseltriebzug der Baureihe 612
Burg Hohenzollern vor dem Zugfenster
Fahrt durch die Landschaft der Zollernalb
Blick auf die Kirche von Unterschmeien
In Mengen nutzen wir die Zeit bis zur Abfahrt des nächsten Zugs für eine Erkundung der Altstadt. Die 10.000-Einwohner-Stadt ist geprägt von Fachwerkhäusern an der Hauptstraße, der Martinskirche mitsamt Storchennest auf der Turmspitze und dem Rathaus aus dem Jahr 1821.
Fachwerkhäuser in der Altstadt von Mengen
Martinskirche
Rathaus von Mengen
Der Bahnhof von Mengen wurde 1873 mit dem Bau der Strecke Ulm-Sigmaringen in Betrieb genommen, mit Eröffnung der Ablachtalbahn wurde er zum Abzweigbahnhof. Die Ablachtalbahn führt von Mengen über Stockach nach Radolfzell. Zwischen 1954 und 1982 wurde der Personenverkehr auf der Strecke abschnittsweise eingestellt. Während der Südabschnitt zwischen Stockach und Radolfzell 1996 reaktiviert wurde, blieb der Nordabschnitt lange Zeit ohne Personenverkehr. Seit Juli 2021 gibt es auf der Strecke sonn- und feiertags wieder Freizeitzüge.
Bahnhof Mengen mit ehemaligem Reisecenter
Regioshuttle-Triebzüge als 'Biberbahn' in Mengen
Anstelle des historischen Namens Ablachtalbahn wird die Strecke nun als 'Biberbahn' beworben, die Tiere sind in den Feuchtgebieten entlang der Strecke und am Donauzufluss Ablach heimisch - wobei die Strecke in der Vergangenheit durch Biberbauten auch schon beschädigt und unpassierbar geworden war. Das Werbemotto 'Mit dem Biber durch drei Ländle' macht deutlich, dass die Strecke durch drei ehemalige Landesteile führt, vom württembergischen Mengen über das hohenzollerische Krauchenwies in den badischen Landesteil von Meßkirch bis Radolfzell. Es gibt drei Zugpaare am Tag, wir treffen auf eine Regioshuttle-Doppeltraktion der HzL/SWEG.
Innenbild Regioshuttle-Triebwagen der HzL
Die Strecke führt zunächst durch die Krauchenwieser Seenplatte. Die Baggerseen entstanden durch den Kiesabbau, heute sind sie Teil eines Naturparks und werden auch für Freizeitaktivitäten von Surfen bis Angeln genutzt. Weiter folgt die Strecke dem Tal der Ablach in den Hegau.
Krauchenwieser Seenplatte vor dem Zugfenster
Fahrt durch das Ablachtal
Streckenblick durch den rückwärtigen Führerstand
Die Strecke wurde ursprünglich als Fernverkehrsverbindung der Achse Ulm-Bodensee-Schweiz gebaut. Die ambitionierten Planungen waren auf Verkehre wie Berlin-Mailand ausgerichtet, es gab Bauvorleistungen für ein zweites Gleis. Eröffnet wurde die Strecke 1873. Das einzige Schnellzugpaar Radolfzell-Ulm wurde schon 1875 mangels Nachfrage wieder eingestellt. Nach dem Niedergang des Personenverkehrs wurde der Abschnitt zwischen Mengen und Krauchenwies abgebaut. Auf Betreiben eines Frachtkunden wurde der demontierte Abschnitt 1986 wieder aufgebaut, das Unternehmen wurde schließlich Eigentümer der Strecke von Mengen bis Stockach. Mittlerweile wurde die Strecke von den Anliegergemeinden Meßkirch und Sauldorf übernommen, der Freizeitverkehr wird durch einen Förderverein unterstützt.
Blick aus dem Zugfenster bei Schwackenreute
Der erste und der letzte Zug sind aus bzw. nach Radolfzell durchgebunden, bei den anderen Verbindungen ist in Stockach ein Umstieg erforderlich. Zwischen Stockach und Radolfzell gibt es regelmäßigen Personenverkehr mit dem 'seehäsle', auch diese Verbindung wird mit Regioshuttle-Dieseltriebzügen der HzL/SWEG betrieben.
Bahnhof Stockach
Umsteigen auf das 'seehäsle' in Stockach
Mit dem 'seehäsle' fahren wir von Stockach nach Radolfzell. Die Fahrt dauert knapp 20 Minuten, sie führt durch Obstplantagen am nordwestlichen Ende des Bodensees. Bei Stahringen trifft die Ablachtalbahn auf die Bodenseegürtelbahn aus Friedrichshafen. Von Radolfzell fahren wir schließlich mit einem Zug der Schwarzwaldbahn zurück nach Konstanz.
Fahrt durch den Ort Wahlwies
Blick vom Zug auf die Obstplantagen bei Wahlwies
Fahrt am Fuße des Höhenzugs Bodanrück
Einfahrt eines Zugs der Schwarzwaldbahn in den Bahnhof Radolfzell
Erste Klasse im Doppelstockwagen der Schwarzwaldbahn
Fahrt am Ufer des Untersees
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